Russisches Gesetz will Internet-Anonymisierung bestrafen

VPN-Tunnel und Proxys sollen in Russland verboten werden

Bisher haben russische Internet-Nutzer den eingeschränkten Zugriff auf zahlreiche Websites müde belächelt. Doch nun will ein Gesetzentwurf die Umgehung von Online-Sperren unter Strafe stellen. Das erinnert an die berüchtigte Internet-Zensur in China.

Die Liste gesperrter Websites in Russland ist derzeit über 74.400 Einträge lang. Dazu zählen Portale mit Inhalten wie Pornographie, Drogen und Suizid. Im Laufe der Zeit wurden die Verbote auf Seiten mit angeblich „extremistischen Inhalten“ ausgeweitet. Beispielsweise ist der Zugriff auf die Website der Zeugen Jehovas gesperrt. Auch politische Inhalte sind teilweise betroffen.

Bisher war die Umgehung von Internet-Sperren mittels technischer Hilfsmittel ein Kinderspiel. Dazu brauchte es lediglich einen Proxy-Server oder ein Virtual Private Network (VPN). Jene Tools ermöglichen einen anonymen Zugriff auf gesperrte Websites mit einer ausländischen IP-Adresse. Eine bekannte Software ist der von der chinesischen Regierung gefürchtete Tor-Browser.

Geldstrafe für Internet-Anonymisierung

Doch ein Gesetzentwurf in der russischen Staatsduma will der Anonymisierung im Internet einen Riegel vorschieben. Der Vorstoß kommt von der Regierungspartei „Einiges Russland“, der „Kommunistischen Partei“ sowie der Partei „Gerechtes Russland“. Ihrer Ansicht zufolge seien Tor & Co. ein Hindernis für effektive Polizeiarbeit. Die jetzigen Sperren seien „nicht effektiv genug“.

Deshalb soll die Nutzung von Proxy und VPN in Russland künftig verboten werden. Verstöße können mit empfindlichen Strafen von bis zu 300.000 Rubel (ca. 4.700 Euro) geahndet werden. Auch Suchmaschinen wie Google oder Yandex müssen Verweise auf entsprechende Software löschen – ansonsten droht eine Strafe in Höhe von 700.000 Rubel (ca. 11.000 Euro).

Informationelle Selbstbestimmung

Kritiker sehen im Gesetzentwurf einen starken Einschnitt in der informationellen Selbstbestimmung der Bürger. Der Internet-Ombudsmann der russischen Regierung, Dmitri Marinitschew, bezeichnete den Vorstoß als „Wahnsinn“. Die technische Umsetzung sei nahezu unmöglich. Selbst die „Große Firewall von China“ hinke dem User stets einen Schritt hinterher.

Bereits im September 2015 hat Russland neue Internet-Restriktionen eingeführt. Seitdem müssen personenbezogene Daten russischer Staatsbürger in Russland verarbeitet und gespeichert werden. Da die Microsoft-Tochter LinkedIn die Bedingungen nicht erfüllte, hat die russische Kommunikationsaufsicht Roskomnadsor den Zugriff auf das Business-Netzwerk gesperrt.