Tagesübersicht Russlandgeschäft: 27.04.2016

Willkommen zur Tagesübersicht Russlandgeschäft an diesem Mittwoch, den 27. April 2016. Das sind heute unsere Themen:


Erster Start vom russischen Weltraumbahnhof Wostostotschnyj verschoben

Der für Mittwoch geplante erste Raketenstart am russischen Weltraumbahnhof Wostotschnyj ist wegen “technischer Gründe” um einen Tag verschoben worden. Das System habe sich nur wenige Minuten vor dem geplanten Start automatisch abgeschaltet, wird berichtet. Auch Präsident Putin wollte dem Start beiwohnen.

Der russische Weltraumbahnhof im Fernen Osten soll die Abhängigkeit der russischen Raumfahrt von der früheren Sowjetrepublik Kasachstan verringern. Vom kasachischen Baikonur aus starten bislang die russischen Raketen zu ISS. Russland pachtet den Weltraumbahnhof seit dem Ende der Sowjetunion von Kasachstan.

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Russland-Chef von Siemens im Interview: “Europa ohne Russland ist kein Global Player. Europa plus Russland schon.”

Der Russland-Chef von Siemens, Dietrich Möller, hat der russischen Wirtschaftszeitung Vedomosti ein ausführliches Interview gegeben – auf Russisch, wird betont. Darin geht es vor allem um Importsubstitution. 40 Prozent dessen, was Siemens in Russland verkaufe sei lokal produziert, hebt Möller in dem Gespräch hervor. Und dieser Anteil steige – dafür sei nicht nur das Importsubstitutionsprogramm verantwortlich. Das sei mit teurer werdenden Importen und wettbewerbsfähigerer Produktion in Russland eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Mit Importsubstitution sei man in Russland schon seit dem 19. Jahrhundert beschäftigt, scherzte Möller im Hinblick auf die 160-jährige Geschichte des Unternehmens in Russland. Man versuche immer Teil der lokalen Wirtschaft zu sein.

Möller äußerte zwar Verständnis für das Importsubstitutionprogramm mit lokaler Produktion und neugeschaffenen Arbeitsplätzen, globale Unternehmen seien jedoch immer gegen jegliche Einschränkungen. Jede Einschränkung eines gesunden Wettbewerbs verlangsame das Innovationstempo. „Auf einer einsamen Insel der globalen Innovation voraus sein – das ist schwierig.”

Von den beiden bekanntesten Siemens-Produkten in Russland machten die Turbinen keine Schwierigkeiten. Hier sei und bleibe die Nachfrage groß. Beim Hochgeschwindigkeitszug Sapsan hingegen, dem russischen ICE, nehme die chinesische Konkurrenz zu. Die russische Eisenbahngesellschaft RSchD verhandele nun mit chinesischen Herstellern, statt mit den langjährigen deutschen Partnern über Züge für die Schnellstrecke Moskau-Kasan.

Siemens gebe jedoch nicht auf und sei auch zu einer deutsch-russisch-chinesischen Partnerschaft bereit und schlage etwa vor für Russland einen innovativen „Sapsan 2“ zu bauen. Konkrete Pläne für eine trilaterale Zusammenarbeit gebe es zwar nicht, aber sie würden die Arbeit „auf eine neues Qualitätsniveau“ heben. 80 Prozent des Projekts bestehe ohnehin aus Schienen und Brücken – das baue Siemens nicht. Die Züge und Elektrifizierung und dergleichen wolle Siemens aber übernehmen. Diese Fragen würden derzeit mit der RSchD diskutiert.

In Bezug auf Russland sei die Lage schwierig. “Natürlich ist die russische Wirtschaft momentan in der Krise und ich kann leider nicht sagen, dass es unser Geschäft nicht beeinträchtigt. Wir erleben einen Umsatzrückgang – nicht wegen der Sanktionen, sondern aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Lage.“ Es gebe weniger Investitionen und geringere Budgets. Siemens sei als Infrastruktur-Unternehmen in den Bereichen Energie, Verkehr und Industrie tätig – und diese Bereiche basierten auf Investitionen, sagte Möller. Er merke, dass vor allem die Finanz-Sanktionen die Siemens-Kunden belasteten.

Möller sagte auch: „Europa und Russland sind natürlich Partner“. Russland habe endlose Reserven an Mineralien, Öl und Gas und einen großen Bedarf an der Entwicklung von Technologie und der Industrie. Europa habe die Rohstoffe nicht, aber die Technologie. „Europa ohne Russland ist kein Global Player. Europa plus Russland schon.”


Lesetipp: „Auf dem Weg nach Moskau“ – Der Dialog zwischen Deutschland und Russland nimmt Fahrt auf

Der Berliner Tagesspiegel hat einen Artikel über die vermehrten Treffen deutscher und russischer Vertreter veröffentlicht. “Auf der offiziellen Ebene sind die Beziehungen zwischen Berlin und Moskau nach wie vor angespannt. Doch aus keinem anderen europäischen Land reisen derzeit so viele Politiker und Wirtschaftsvertreter nach Russland wie aus Deutschland.“
Erwähnt werden neben dem „Antrittsbesuch“ des neuen Ost-Ausschuss-Vorsitzenden Wolfgang Büchele beim russischen Präsidenten Putin auch der Duma-Besuch deutscher Bundestagsabgeordneter und eine Annäherung beim bevorstehenden Petersburger Dialog im Juli.