Russlands Außenhandel seit 2014, Teil 1

Russlands Außenhandel seit dem Ölpreiseinbruch 2014: Aus- und Einfuhr stark gesunken; Handelsbilanz weiter im Überschuss

Der Wert der russischen Warenexporte stieg im ersten Quartal 2017 im Vergleich mit dem ersten Quartal 2016 um 36 Prozent. Jubelstürme sind aus wirtschaftspolitischer Sicht trotzdem nicht gerechtfertigt. Der kräftige Anstieg erfolgte schließlich von stark gedrücktem Niveau. Und er ist dem gestiegenen Ölpreis zu verdanken. Kräftige Zuwächse der Ausfuhr russischer Industrieerzeugnisse, die ein Zeichen für eine erfolgreiche Diversifizierung der Produktionsstruktur wären, lassen hingegen auf sich warten. Russlands Wirtschaft ist weiterhin in hohem Maße von der Entwicklung auf den Rohstoffmärkten mit ihren starken Preisschwankungen abhängig.

Im Mittelpunkt des folgenden ersten Teils unseres Berichts zum russischen Außenhandel steht die Ausfuhrseite. Wie hat sich insbesondere der Anteil der Energieausfuhren entwickelt. Es zeigt sich: Die Ausfuhrerlöse folgen im Trend noch immer weitgehend dem „Ölpreistakt“. Mit dem Ölpreiseinbruch von 2014 bis 2016 ist der Anteil der Erlöse aus dem Export von Energie an den gesamten Exporterlösen zwar deutlich gesunken. Bei steigenden Ölpreisen wächst er jetzt aber wieder rasch. Um eine stetigere Entwicklung des russischen Außenhandels zu erreichen, müssen neben Energie und Rohstoffen mehr Produkte anderer Branchen auf den Weltmärkten wettbewerbsfähig werden.

Russlands Außenhandel seit 2014 Teil 1: Exporterlöse mit den Ölpreisen auf der „Achterbahn“

Die Ölpreisentwicklung in den letzten 10 Jahren erinnert an eine „Achterbahn“. Eine Abbildung im monatlichen Wirtschaftsbericht der „Economic Expert Group“ des Finanzministeriums macht dies deutlich. Die letzte „Talfahrt“ setzte 2014 ein. Sie dauerte bis ins erste Quartal 2016.

Urals-Ölpreis (Dollar/Barrel)
Quelle: Economic Expert Group des russischen Finanzministeriums: Обзор экономических показателей (Überblick Wirtschaftsindikatoren), 14.04.2017; (1. Quartal 2017 geschätzt)

Im Jahresdurchschnitt stürzte der Urals-Ölpreis seit 2014 von 97,6 Dollar/Barrel auf nur noch 41,9 Dollar/Barrel im Jahr 2016 ab. 2016 war er damit rund 57 Prozent niedriger als zwei Jahre zuvor.

Auch Erdgasexportpreise seit 2014 um die Hälfte gesunken

Der Ölpreiseinbruch drückte nicht nur die Ausfuhrerlöse von Rohöl und Mineralölprodukten, sondern auch die Erlöse beim Erdgasexport, weil die Erdgasexportpreise den Ölpreisen mit einer zeitlichen Verzögerung weitgehend folgen. Ihr Rückgang von 2014 bis 2016 war mit 50 Prozent nach Angaben der russischen Zentralbank kaum schwächer als der Einbruch der Ölpreise.

Bei wenig höheren Mengen halbierten sich auch die Energieerlöse

Diese Preiseinbußen konnten durch eine mengenmäßige Steigerung der Lieferungen ins Ausland nur zu einem kleinen Teil ausgeglichen werden. Die Rohölexporte und die Erdgasexporte wurden von 2014 bis 2016 der Menge nach um jeweils rund 14 Prozent erhöht. Die Ausfuhr von Mineralölprodukten sank gleichzeitig aber um rund 5 Prozent.

Der drastische Preisverfall bei Öl und Gas spiegelt sich so weitgehend in der Entwicklung der Erlöse aus dem Export. Laut „Statistical Bulletin“ der Zentralbank fiel 2016 die Summe der Ausfuhrerlöse von Erdöl, Mineralölprodukten und Erdgas („fuel energy resources“) weiter auf 151,1 Milliarden Dollar (die noch relativ geringen Ausfuhren von verflüssigtem Erdgas, liquefied natural gas, LNG, im Wert von 2,9 Milliarden Dollar sind darin nicht enthalten). Der Rückgang dieser Energieexporterlöse gegenüber 2014 war mit 53 Prozent fast genauso stark wie der Einbruch des Urals-Ölpreises um 57 Prozent.

Insgesamt erlöste Russland 2016 im Warenexport nur noch 281,7 Milliarden Dollar. Das waren rund 43 Prozent weniger als vor dem Ölpreiseinbruch im Jahr 2014.

Energie-Anteil am Warenexport in zwei Jahren um ein Fünftel gesunken

Der Anteil von Erdöl, Mineralölprodukten und Erdgas (ohne LNG) sank 2016 laut Zentralbank-Statistik auf 53,6 Prozent. Zwei Jahre zuvor hatten diese Energieträger noch fast zwei Drittel der Exporterlöse gestellt (65,3 Prozent). Ihr Ausfuhranteil verminderte sich in nur 2 Jahren also deutlich um rund 12 Prozentpunkte.

Russlands Warenexport auf der „Ölpreis-Achterbahn“

Abschwung 2014 bis 2016 – Aufschwung 2017
 2014 (in Mrd. $)2016 (in Mrd. $)2016 (% ggü. 2014)1.
Vierteljahr 2017
(in Mrd. $)
1.
Vierteljahr 2017
(% ggü. 1. Vierteljahr 2016)
Erdöl153,973,7- 52,123,4+66,0
Mineralölprodukte
115,846,1- 60,215,5+59,8
Erdgas (ohne LNG)54,731,3- 42,810,1+17,4
Energie (Erdöl, Produkte, Erdgas)324,4151,1- 53,449,0+51,2
Sonstiger Export172,4130,6- 24,2
Export insgesamt496,8281,7- 43,382,1+35,9
Energieanteil in %65,353,659,7

Quelle: Russische Zentralbank: External Sector Statistics; Statistical Bulletin 4/2017, 15.05.2017

Wenn man die in der Außenhandelsstatistik von Rosstat ausgewiesenen Ausfuhren von Energieträgern (zum Beispiel auch einschließlich von Kohle) ins Auge fasst, zeigt sich ein fast ebenso kräftiger Rückgang des Energie-Anteils am Export um rund 11 Prozentpunkte. Er ist seit 2014 von 69,5 Prozent auf 58,1 Prozent im Jahr 2016 gesunken (Eine langfristige tabellarische Übersicht der wert- und mengenmäßigen Entwicklung des Außenhandels seit 2007 bietet das Informationsportal zum Außenhandel des russischen Wirtschaftsministeriums.).

Maschinenbau-Anteil am Export auf 8,5 Prozent gestiegen

Wie die Energieausfuhr ist auch die Ausfuhr sonstiger Produkte von 2014 bis 2016 wertmäßig gesunken, aber nur um knapp ein Viertel, also nur knapp halb so stark wie die Energieausfuhr. Die Anteile der sonstigen Ausfuhren an der gesamten Ausfuhr erhöhten sich damit.

Im Vergleich mit dem Energiesektor blieb die Bedeutung der Ausfuhr von Industrieerzeugnissen zwar auch 2016 gering. Aber immerhin erreichte der Anteil der aus Russland exportierten Maschinenbauerzeugnisse im letzten Jahr 8,5 Prozent aller Ausfuhren. Zwei Jahre zuvor waren es nur 5,3 Prozent.

Anteile am gesamten Warenexport 2016

 201620152014
Metallerzeugnisse (Eisen+Nicht-Eisen)10,1%9,6%8,1%
Maschinenbauerzeugnisse8,5%7,4%5,3%
Chemische Erzeugnisse7,3%7,4%5,9 %
Nahrungsmittelerzeugnisse6,0%4,7%3,8%

Nach der Ölpreiswende steigen jetzt auch Russlands Exporterlöse kräftig

Inzwischen geht es auf der Achterbahn der Ölpreise seit rund einem Jahr wieder aufwärts. Im ersten Quartal 2017 war der Urals-Ölpreis mit 52,0 Dollar/Barrel fast zwei Drittel höher als ein Jahr zuvor (32,0 Dollar/Barrel).

Die Ausfuhrerlöse von Erdöl (+ 66 Prozent) und Mineralölprodukten (+ 60 Prozent) erholten sich ähnlich stark. Die Erlöse aus dem Erdgasexport nahmen – weil der Gaspreis dem Ölpreis zeitlich verzögert folgt – nur um rund 17 Prozent zu. Insgesamt waren diese Energieexporterlöse rund 51 Prozent höher als vor einem Jahr. Ihr Anteil an den gesamten Warenexporterlösen hat sich im ersten Quartal im Vergleich zum ersten Quartal 2016 um rund 6 Prozentpunkte auf knapp 60 Prozent erhöht.

Seit Ende 2016 übertreffen die gesamten Warenexporte wieder ihr Vorjahresniveau. Die Importe sind mit der Konjunkturbelebung schon seit Mitte 2016 höher als ein Jahr zuvor.

Mehr zur Entwicklung der Wareneinfuhr und der gesamten Handels- und Leistungsbilanz finden Sie in Teil 2.

Quellen und Lesetipps:

Titelbild
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