Russisches Anti-Terror-Gesetz könnte teuer werden

EU-Verordnung kollidiert mit Russlands Anti-Terror-Gesetz

Das von der Duma-Abgeordneten Irina Jarowaja initiierte Anti-Terror-Paket könnte Russlands Telekommunikationsunternehmen teuer zu stehen kommen. Darüber berichtet die Wirtschaftszeitung Wedomosti.

Die Politikerin Irina Jarowaja ist nicht nur Co-Autorin des 2012 verabschiedeten „Agentengesetzes“, das zivilgesellschaftliche Organisationen sanktioniert, die mit ausländischen Geldern finanziert werden. Sie gilt auch als treibende Kraft bei der Umsetzung radikaler Maßnahmen zur Extremismus- und Terrorbekämpfung, u. a. die Einführung einer massiven Vorratsdatenspeicherung und schärferen Internetkontrolle.

Kritik erntet das im Jahre 2016 von der Staatsduma bestätigte Gesetzespaket bei Internet-Aktivisten, die Vergleiche zu George Orwells Roman 1984 ziehen. Allerdings sind auch viele Unternehmen besorgt über Kosten, die im Zusammenhang mit Datenspeicherung im großen Stil anfallen können. Zuletzt erwog die Regierungskommission für Gesetzgebung aus diesem Grund, das Anti-Terror-Paket um fünf Jahre von Mitte 2018 auf 2023 zu verschieben.

Russische Provider fürchten hohe Kosten

Das Gesetz soll russische Provider dazu zwingen, alle Anrufe, Nachrichten, Bilder, Audio-Dateien und Videos der Internet-Nutzer für sechs Monate auf ihren Servern zu speichern. Zum einen seien die Kosten zu hoch, zum anderen sei die Umsetzungsfrist zu kurz, lautete die Kritik der Unternehmen. Kommunikationsminister Nikolai Nikiforow wiederum bezeichnete die mögliche Verschiebung als „unangemessen“ und drängte auf eine rasche Umsetzung.

Wie aus einem Bericht von Wedomosti hervorgeht, drohen der russischen Internet-Branche weitere Kosten. Der Grund dafür sind europäische Datenschutzbestimmungen, die zum 25. Mai 2018 in Kraft treten sollen. Davor warnt das russische Institut für Internet-Forschung. Die EU könnte russische Telekommunikationsunternehmen mit Strafen von bis zu 20 Millionen Euro bzw. 4% des globalen Jahresumsatzes belegen – abhängig davon, welche Summe höher ausfalle.

EU-Datenschutzbestimmung

Auf alle russischen Provider gerechnet ergebe die EU-Verordnung eine Strafzahlung in Höhe von rund 45 Mrd. Rubel (ca. 643 Mio. Euro). Die Forderung soll nur zur Geltung kommen, wenn Daten europäischer Nutzer auf russischen Servern gespeichert werden. Jedoch sieht das geplante Jarowaja-Gesetz nicht vor, eine Beschränkung für Daten ausländischer Nutzer einzuführen. Obwohl das Gesetz im Juli 2018 in Kraft treten soll, wurden die genauen Bedingungen bisher nicht ausgearbeitet.

Eine Vorratsdatenspeicherung könnte die EU nur genehmigen, wenn es um einen konkreten Verdachtsfall gehe, erklärte eine Internet-Expertin gegenüber Wedomosti. Dazu sei eine stichhaltige Information der Geheimdienste nötig, die auf eine Bedrohung der nationalen Sicherheit hinwiesen. Das russische Anti-Terror-Gesetz hingegen stelle alle Internet-Nutzer unter Verdacht, potenziell schuldig zu sein, so die Expertin.

Fußball-WM 2018

Der IT-Unternehmensberater Michail Jemeljannikow erklärt, dass russische Provider von der EU-Datenschutzbestimmung betroffen seien, sobald sie auf dem EU-Markt operieren würden. Dieser Fall träfe dann zu, wenn europäische Mobiltelefon-Nutzer eine russische SIM-Karte auf EU-Territorium verwenden würden, so Jemeljannikow. Ebenso träfe er zu, sobald europäische Provider bestimmte Nutzerdaten an russische Provider bereitstellen würden.

Der erste Präzedenzfall steht schon fest – die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 vom 14. Juni bis zum 15. Juli 2018. Laut dem Weltfußballverband FIFA sei eine Prognose über die Anzahl der EU-Bürger bisher nicht möglich, da der Ticketverkauf noch nicht begonnen habe. Die Statistikagentur Rostourism berechnete jedoch, dass alleine im 1. Quartal 2017 rund 0,99 Millionen Touristen aus der EU nach Russland gereist seien.

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