Russland lässt Selbstmord-Hashtags auf Instagram löschen

Wie Russland gegen Selbstmord-Gruppen im Internet vorgeht

Im Mai 2016 berichtete die “Nowaja Gaseta” über eine mutmaßliche Sekte, die Jugendliche im Internet zum Selbstmord animiert. Die Resonanz ist bis heute groß. Zahlreiche Politiker und Medien diskutieren über die sogenannten “Gruppen des Todes” (russisch: «группы смерти»). Nun wird die russische Kommunikationsaufsicht aktiv.

Zwischen November 2015 und April 2016 zählte die Journalistin der “Nowaja Gaseta” rund 130 Suizide von Kindern und Jugendlichen, die mit einer Selbstmord-Gruppe im russischen sozialen Netzwerk “VKontakte” in Verbindung stehen.

Selbstmord-Gruppen in den sozialen Medien

Offensichtlich war diese Gruppe kein Einzelfall. Vorgestern erklärte die ukrainische Polizei in Kiew, mehr als 500 “Todesgruppen” in den sozialen Medien gelöscht zu haben. In diesem Zusammenhang wurden angeblich auch 200 Accounts entfernt. Nun würden die Behörden daran arbeiten, die Betreiber zu identifizieren und “zur Verantwortung zu ziehen”.

Gestern meldeten die russischen Medien, dass der Betreiber einer einflussreichen Suizid-Gruppe in Sankt Petersburg verhaftet wurde. Er wird dessen beschuldigt, zahlreiche Jugendliche zum Suizid angestiftet zu haben. Derweil diskutiert ein Untersuchungsausschuss in Russland über den richtigen Umgang mit dem Phänomen.

Verdacht auf Internet-Zensur

Man dürfe nicht auf eine gerichtliche Entscheidung warten, erklärte der Ausschussleiter Alexander Bastrykin. Stattdessen seien “administrative Maßnahmen” zur Löschung der Gruppen notwendig. Einige Beobachter befürchten, dass dies zur Verschärfung der Internet-Zensur in Russland führen könnte.

Darüber hinaus weisen Experten daraufhin, dass die Löschung entsprechender Online-Gruppen kaum zielführend sei. Rasch entstünden neue Gruppen, schreibt The Question. Außerdem seien nicht primär Online-Gruppen Schuld am Suizid der Jugendlichen, sondern andere Faktoren.

Instagram löscht Suizid-Hashtags

Auch auf der Fotografie-Plattform Instagram, die zu Facebook gehört, schwirrten bereits unzählige Verweise auf die “Todesgruppen” herum. Auf Anfrage der russischen Medienaufsicht Roskomnadsor ließ Instagram entsprechende Hashtags entfernen.

Dabei handelte es sich um Begriffe wie #ищукуратора (deutsch: “Ich suche einen Kurator”),  #синийкит (deutsch: “Blauer Wal”) oder #морекитов (deutsch: “Meer der Wale”). Auf den ersten Blick ist nicht ersichtlich, inwiefern die Hashtags mit den Selbstmord-Gruppen in Verbindung stehen. Der Bezug zur Meereswelt ist jedoch kein Zufall.

“Blauer Wal” und “Meer der Wale”

Im Februar 2017 strandeten an der Küste Neuseelands über 600 Wale, von denen mindestens 400 starben. Angeblich würden die betroffenen Jugendlichen dies als Metapher für die “Ästhetik des Sterbens” begreifen, vermutet Life.ru.

Auf VK wurde eine Suizid-Gruppe ausfindig gemacht, die nach folgendem Prinzip funktioniert: Jugendliche malen oder ritzen sich einen Wal auf den Handrücken und laden ein Foto davon in die Gruppe. Anschließend werden sie von einem “Kurator” kontaktiert und beim geplanten Selbstmord unterstützt.


Menschen, die unter Depressionen leiden und Suizidgedanken haben, finden bei der Telefonseelsorge online oder telefonisch unter den kostenlosen Hotlines 0800-1110111 und 0800-1110222 rund um die Uhr Hilfe. Die Beratungsgespräche finden anonym und vertraulich statt.

Angehörige, die eine nahestehende Person durch Suizid verloren haben, können sich an den AGUS-Verein wenden. Der Verein bietet Beratung und Informationen an und organisiert bundesweite Selbsthilfegruppen.