Morgenkommentar am 30. Januar 2017

Optimisten sind immer noch überzeugt, ein russisch-amerikanisches Tauwetter stehe kurz bevor: Aufhebung der Sanktionen, ein baldiges Treffen beider Präsidenten, kreative “Deals” zu den Krisen in der Ukraine und in Syrien, ein gemeinsames Vorgehen gegen den “Islamischen Staat” (IS), Entspannung an der NATO-Ostgrenze.

Im Kreml selbst ist man eher skeptisch. Ist der neue Präsident, der statt auf große Würfe auf kleine Dekrete setzt, die er dann als Riesenerfolge verkauft, überhaupt in der Lage, der amerikanischen Russlandpolitik eine völlig neue Richtung zu geben? Zudem gibt es Hindernisse.

Da ist das Dossier zu Trumps angeblichen Russland-Kontakten. Dessen Echtheit mag noch so umstritten sein, aber der Rufmord, der ihm unterstellt, von Moskau erpressbar zu sein, hat längst Wirkung gezeigt. Jede schnelle Öffnung Russland gegenüber, vor allem ein rascher Verzicht auf die Sanktionen, würde die Diskussion wieder hochkochen lassen.

Da sind die Senatoren in Trumps eigener Partei, denen das alte Feindbild Russland immer noch tief in den Knochen steckt. Aus vielerlei Gründen würden die ihren Parteifreund am liebsten heute noch absetzen. Für den ist es leichter, so zu tun, als lebte der “neue Kalte Krieg” fort. Moskau gegenüber ist er flexibel; fest im Fadenkreuz hat er nur China, den eigentlichen Rivalen und Herausforderer.

Die pragmatischen Russen werden mitspielen. Für sie ist ohnehin das wichtigste Ergebnis des Machtwechsels in Washington, dass der Demokratieexport- und Regime-Change-Politik ein Ende gesetzt wurde. Die Aufhebung der US-Sanktionen hat für Russland gar nicht die Bedeutung. Deutsche Geschäftsleute in Moskau beklagen unisono, wie sehr die US-Amerikaner ihre Marktanteile in fast drei Sanktionsjahren gesteigert haben. Amerikanische Exporteure, so die gängige Erklärung, haben keine nennenswerten Probleme beim Erhalt von Ausnahmegenehmigungen.

Auch die Einrichtung von Sicherheitszonen in Syrien ist vorerst wieder vom Tisch. Letzte Woche sah es kurz so aus, als habe Trump sich diese Forderung seiner Widersacherin Clinton zueigen gemacht. Auch in Moskau war Nervosität spürbar. Sicherheitszonen, die durch westliches Militär garantiert werden müssten, gelten in vielen Augen als Einstieg in eine militärische Konfrontation mit Russland. In der endgültigen, unterschriebenen Fassung des Dekrets einen Tag später war  davon dann keine Rede mehr.