Morgenkommentar am 20. Januar 2017

Heute Abend wird es heißen: US-Präsident Trump. Selbst die Amerikaner haben inzwischen Angst vor der eigenen Courage; nur noch 40 Prozent begleiten den Wechsel mit Sympathie.

Es ist ein Umbruch, eine neue Zeit beginnt, nicht nur für die USA. Wenn ein solcher Umbruch erst vor der Tür steht, läuft es manchmal auch denen, die ihn zuvor herbeigesehnt haben, kalt den Rücken hinunter. Nichts bleibt, wie es war. Die Schmuse-Rhetorik der Obamajahre ist Vergangenheit. Auf sie passte Goethes Vers:

Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.

Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

Inzwischen sind Krieg und Terror nähergerückt, zuletzt bis auf unsere Weihnachtsmärkte. Trump ist auch die Antwort auf das Gefühl, dass es mit schönen Worten und guten Taten allein nicht mehr getan sein mag.

Es wird härter werden, rauer, ehrlicher. Nichts für Sensibelchen. Das Verhältnis zu Russland ist nur ein Aspekt. Die deutsche Politik ist unmittelbar betroffen. Wenn wir beim “weiter so” bleiben, sind wir rasch die letzten lebendigen Vertreter der werteorientierten Außenpolitik weit und breit. Dann heißt es: Berlin lehrt Mores, und keiner geht hin.