Russland beschließt “Google-Steuer”

Russische Staatsduma führt Mehrwertsteuer auf ausländische Digitalprodukte ein

Das im Volksmund „Google-Steuer“ genannte Gesetz über eine Mehrwertsteuer für ausländische Firmen, die auf russischem Boden mit elektronischen Inhalten handeln, wurde Mitte Juni in der russischen Staatsduma in dritter (und letzter) Lesung bestätigt. Nun muss der Entwurf noch vom Föderationsrat gebilligt und vom russischen Präsidenten unterzeichnet werden.

UPDATE 29.06.: Das Gesetz wurde heute vom Föderationsrat gebilligt, berichtet die Nachrichtenagentur Interfax.

Dem Gesetzentwurf zufolge, der am 1. Januar 2017 in Kraft treten soll, müssen sich ausländische Unternehmen in einem speziellen elektronischen Register des russischen Steuerdienstes eintragen und wie russische Firmen Mehrwertsteuer zahlen.

Damit soll die einheimische IT-Industrie gestärkt werden, die durch das Entfallen der Mehrwertsteuer für ausländische Firmen einen Nachteil hätten.

Im Gegensatz zum regulären russische Mehrwertsteuersatz von 18 Prozent fallen auf digitale Produkte und Dienstleistungen, die ausländische Anbieter an russischen Verbrauchern erbringen, dann Mehrwertsteuern in Höhe von 15,25 Prozent an.

Die Steuer müsse auch dann gezahlt werden, wenn das ausländische Unternehmen keinen Sitz in Russland hat, erklärt KPMG-Steuerjurist Andrej Gratschow gegenüber Vesti.ru.

Betroffen sind also zum Beispiel Google, das genau solche Inhalte über seine Plattform Google Play verkauft wie auch Apple mit seinen AppStore oder Microsoft.

Fast alle Digitalprodukte betroffen

Die Steuer wird für Anwendungen, E-Books, Bilder, Musik, audiovisuelle Produkte und auch den Fernzugriff auf sie (also Streaming; das Sehen oder Hören per Internet) erhoben. Ebenso ist Software betroffen: Computerprogramme wie etwa Anti-Viren-Software, Computerspiele und Datenbanken. Auch Werbedienste, Werbeplätze im Internet, Hosting, der Verkauf von Domain-Namen, die Administration von Websites und ähnliches wird dann mit einer Mehrwertsteuer belegt.

Ausnahmen wird es laut TASS nur dann geben, wenn die Güter oder Dienstleistungen ohne Internetnutzung erbracht werden, auch wenn sie im Internet bestellt werden. Die „Google-Steuer“ entfällt auch für den Verkauf von Programmen und Datenbanken auf Datenträgern, Beratungsdienstleistungen per E-Mail und für die Herstellung eines Internetzugangs.

Zur Erhebung der Steuer sollen russische Kunden anhand ihrer Kreditkartennummer oder der IP-Adresse identifiziert werden.

Das Finanzministerium rechnet dadurch mit Mehreinnahmen in Höhe von bis zu 10 Milliarden Rubel (151 Millionen Dollar).

Kritik: Google & Co. geben die Kosten nur an die Kunden weiter und die russischen Bürger zahlen mehr

Das am 15. Juni beschlossene Gesetz blieb nicht ohne Kritik. Der Internet-Obudsmann Dmitrij Marinitschew nannte es gegenüber RIA Novosti “IT-Feudalismus” und kritisierte, dass dadurch die Online-Produkte in Russland teurer würden.

“Wir werden mehr zahlen. Google wird keine Mehrwertsteuer bezahlen. Das ist denen egal. Es werden einfach 18 Prozent auf die Kosten des Produkts aufgeschlagen. Dann wird es nur eine Auswirkung auf den Endverbraucher haben – die Bürger der Russischen Föderation”, betonte er.

Das Gesetz helfe daher nicht der einheimischen IT-Industrie. Effektiver sei es seiner Meinung nach, den Export russischer Unternehmen mit Steuernachlässen zu unterstützen.

Darüber hinaus verhindere die Google-Steuer die Entstehung neuer Technologie-Unternehmen und behindere das “High-Tech-Ökosystem”.

Tipp: Die Schneider Group hat ein nützliches Merkblatt zur Google-Steuer erstellt.