Morgenkommentar am 5. April 2017

Nun also wenigstens der Dresdener Kulturpalast. Am Dienstagabend strahlte der Glaskasten, eine DDR-Kopie westdeutscher Nachkriegskaufhäuser, in den russischen Farben weiß-blau-rot. Zwar in horizontaler Anordnung, dem flachen Baukörper angepasst um 90 Grad gekippt, doch immerhin.

Der Dresdener Bestrahlung vorangegangen war ein Berliner Sturm im Wasserglas, so kurz wie heftig. Nach den Terroranschlägen in Paris, Brüssel, Nizza, London, Jerusalem und Istanbul war das Brandenburger Tor jedes Mal in den Nationalfarben des jeweiligen Landes angestrahlt worden. Nach dem Massaker in einem Schwulen-Club in Florida sogar in den Regenbogenfarben. Ein Symbol der Solidarität mit den Opfern, ein Bekenntnis zum Kampf gegen den islamistischen Terror.

St. Petersburg wird in die Reihe der genannten Städte nicht aufgenommen. 14 Terrortote, doch das Brandenburger Tor blieb am Montag wie an jedem Abend in fahles, gelbes Licht getaucht.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Die russischen Diplomaten in der hundert Meter entfernten Botschaft werden ihre Enttäuschung rasch verwunden haben. Die wussten auch vorher schon, was der aufgeklärte, der lichten Zukunft zugewandte Teil der Deutschen – und der sitzt nun mal in der Berliner Stadtregierung – von ihrem Land hält.

Im Internet schlugen die Wogen hoch. Nur „linke Krämerseelen“ seien zu einer solch jämmerlichen Entscheidung fähig. Vielleicht eine treffende Beschreibung des rot-rot-grünen Senats. Vollends blamiert war die Stadtregierung nach ihrer Erklärung, das Brandenburger Tor werde nur nach Anschlägen in Berliner Partnerstädten angestrahlt. Wieso dann Nizza und Jerusalem? Rasch wurde nachgeschoben: auch bei Anschlägen in Städten mit besonderem Bezug zu Berlin.

Na ja, Jerusalem wird man gelten lassen. Aus gutem Grund. Aber Nizza? Außerdem erinnert man sich in Petersburg recht gut der 900-tägigen Belagerung durch deutsche Soldaten vor gerade einmal 75 Jahren. Das Ganze wurde von Berlin aus befehligt. Kein besonderer Bezug?

Warum gibt Bürgermeister Müller nicht einfach zu, dass seinem Senat die Russen zu anders sind? Er spräche vielen Deutschen, vor allem vielen deutschen Politikern, aus dem Herzen. Sie tun und lassen, was sie wollen, die Russen, sie sind nicht so wie wir, und – jetzt kommt’s: Sie wollen nicht einmal so sein. Deshalb gibts auch kein weiß-blau-rotes Brandenburger Tor. Das haben sie nun davon.